FAIRSPEC-Konferenz

Veranstaltung vom 26.6.2021 / 13:00-16:30 Uhr, 34 Teilnehmer*innen

Die FAIRSPEC-Konferenz hatte zum Ziel, nach einem intensiven Jahr und fünf erfolgreichen Veranstaltungen mit grosser Beteiligung einen Kodex zu erstellen. Ein gemeinsamer «Code of Conduct», der in die Zukunft weist und Verbindlichkeit schafft.


Video Aufzeichnung


Vorgehen

Die erste Version des Kodex soll Fragen beantworten, die wir uns bereits beim Kickoff gestellt haben: Wie regelt man ohne zu reglementieren? Wie soll ein Kodex in der Freien Szene konkret umgesetzt werden? Wie sehen gerechte Vereinbarungen auf Augenhöhe aus? Wie finden wir ethische Richtlinien für unsere Arbeit? 

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Berichte aus den Themengruppen

Im ersten Teil haben die Themengruppen, ihre Erkenntnisse aus den Veranstaltungen dieses Jahres vorgestellt: Worüber haben wir bereits diskutiert? Was müssen wir in unserem Kodex unbedingt festhalten? Hier stichwortartig ein Überblick zu den Erkenntnissen.

1. Zugänglichkeit / Schutz

  • Für wen machen wir darstellende Künste?

  • Vielfalt und Inklusion unterscheiden und sich auf Vielfalt wirklich einlassen

  • Strukturen als Spiel und als Handlungsspielraum

  • Die Hochschulelite («Whiteness») geht weiter in die Szene. Wir wollen raus aus der Bubble.

  • Kleine aber richtige Schritte machen

2. Macht / Struktur / Branchenkultur

  • Aus eigenem Reflektieren in das Thema einsteigen

  • Tieferen Austausch braucht viel Vertrauen und Sensibilität: Wo hast du selber schon Machtmissbrauch erlebt? Wo hast du selber schon Macht miss/gebraucht? Wo begibst du dich in Situationen die Machtmissbrauch überhaupt möglich machen?

  • Ins Gespräch gehen ist das wichtigste: Anlaufstelle (SPKV rechtliche Fragen), ohne Konsequenzen

  • Netzwerk von Coachingpartner*innen für 1:1 Gespräche aufbauen

  • Gratwanderung zwischen Transparenz, Offenheit sowie Anonymität

  • Kommunikation: Wie sage ich etwas? Gibt es ein wöchentliches Gefäss für Infoaustausch?

  • Wie kann der Kodex essentieller Bestandteil eines Projektes werden?

3. Produktionsinterne Prozesse

  • Erwartungen formulieren und veröffentlichen

  • Miteinander sprechen lernen und üben müssen: Tools dafür haben, z.B. ein Spiel

  • Wie denken wir wirklich frei, wenn wir gerade Anwender*innen und Denker*innen gleichzeitig sind? Wie ist unsere Gruppe zusammengesetzt, ist sie divers?

  • Mannigfaltigkeit der Protokolle zeigt die Vielschichtigkeit

  • Diversität, Kommunikation, Vertrauen, Wertschätzung

4. Förderung / Finanzierung

  • Gute Kommunikation mit Förderstellen ohne Ohnmacht

  • Sind gemischte Gruppen ohne Schutzraum möglich?

  • Anspruchsvolle Gleichzeitigkeit der Aktion und der Situation in der wir drin sind.

  • Offener Brief an die Förder*innen

  • Die Veranstaltung vor Ort war das 1. Lifetreffen seit langer Zeit, mit weniger Leuten als erhofft, aber der perfekte Rahmen, vorsichtig und respektvoller Umgang, dichte Gesprächsmatrix

  • Ziel ist Transparenz, Kenntnis der Arbeitsweisen, Kommunikation auf Augenhöhe, Out of the box Finanzierung (à la Grundeinkommen), Regelmässiger Austausch

5. Ethik in der Praxis

  • Vom ethischen Denken zum ethischen Handeln

  • Bereits existierende Codes: Fair practice code aus den Niederlanden und Almanach aus Belgien. Der Fair practice code ist sehr konkret und ist inzwischen auch auf Fördernueveau anerkannt.

  • Wichtigkeit von Mentalitätsänderung, Machtaufgabe, Selbstverpflichtung

  • Fairness muss immer wieder neu verhandelt werden

  • Freie Szene koexisitiert mit allen anderen Strukturen (Institutionen etc.)

  • Veränderung in den Regelwerken und bei jedem einzelnen


Input und Workshop von
Prof. Dr. Thomas Schmidt

Im zweiten Teil leitete uns Prof. Dr. Thomas Schmidt durch einen Workshop zur Erarbeitung des Kodex. Er hat sich intensiv mit dem Thema des Kodex befasst und schon verschiedene Schweizer Theater beraten sowie als Mentor der Gessnerallee-Team-Leitung u.a. fungiert.

Stichworte aus dem Input

  • Thomas ist beeindruckt, was durch die Themengruppen schon alles zusammengetragen wurde.

  • Wir sollen uns merken: Der Kodex ist die Schnittmenge aus allem und ist kein Forderungskatalog.

  • Das ist der 1. Kodex der freien Szene in einem deutschsprachigen Raum.

  • Keine utopischen, sondern machbare Aspekte in den Kodex reinnehmen

  • Der Kodex muss immer wieder verhandelt werden

  • Die Fairness zu erhöhen steht im Mittelpunkt des Kodex

  • Ziel sind 3 Schlüsselsätze

  • Der Kodex ist Kompetenzspiegel und fordert Kompetenzentwicklung

  • Umgang der Mitglieder im Kodex ist durch hohe Sensibilität und Lernbereitschaft für die Weiterentwicklung bedingt

  • Uns an den positiven Aspekten orientieren, dass was die freie Szene lebendig macht.

Gruppenarbeit in Breakout-Räumen

Dann wurden wir in vier Break Out Rooms aufgeteilt , wo wir in kleineren Gruppen mit der Definition folgender Kernkompetenzen die Kernsätze des Kodex erarbeiten sowie eine Präambel und ein Schlusssatz formulieren sollten.

  • Personale Kompetenzen

  • Methoden- und Handlungskompetenzen

  • Sozial-Kommunikative Kompetenzen

  • Fachkompetenzen

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Während der Veranstaltung gab es u.a. folgende Wortmeldungen:

  • Es handelt sich bei unserer Community nicht nur um die freie Szene Zürichs, sondern um die freie Szene in der gesamten Schweiz

  • Reso hat auch doch bereits ein Manifesto erarbeitet? FAIRSPEC ist sich dessen bewusst, verlinkt bereits seit längerer Zeit auf das reso Manifesto und steht mit reso in engem Austausch.

  • Kritik an der Verwendung des Begriffs «fair». Dazu ganz aktuell der Blogbeitrag von Milena Sentobe: Solidarische Kritik am Begriff «fair»


Ergebnis

Das Programm war sehr gedrängt und es entstand eine dichte Materialsammlung. Nun steht die Schlussredaktion der erarbeiteten Kernsätze des Kodex aus mit den letzten Feedbackschlaufen, welche wir wie folgt organisieren:

  1. FAIRSPEC-Team und Thomas Schmidt erstellen eine Vorversion bis Mitte Juli

  2. Diese Vorversion wird von den Themengruppen und Konferenz-Teilnehmer*innen über den Sommer per Googledoc kommentiert

  3. Das FAIRSPEC-Team fügt das finale Dokument zusammen, welches nach den Sommerferien veröffentlicht wird.

Wir danken euch, dass ihr FAIRSPEC zu dem gemacht habt, was es ist. Zusammen haben wir schon viel erreicht. Grossen Dank an alle, die in den Themengruppen mitgewirkt haben. Dank euch waren die Veranstaltungen so vielfältig und gut besucht. Die Themengruppen haben mit dem Abschluss des «Pilotjahres» ihre Arbeit erledigt. Ihr seid wieder frei! 🙂 Nächstes Jahr wird es wieder neue Formen der Mitarbeit geben – mehr dazu im Herbst.

Wir hoffen, dies ist ganz im Sinne der Community und wünschen damit spannenden Lesestoff in den Sommerferien! :)


Ausblick

Im letzten Teil wurde der Blick in die Zukunft gerichtet und Matthias Schoch rundete den Tag mit zwei Fragen ab:

  1. Wie soll der Kodex veröffentlicht werden?
    Der Kodex wird sicher auf unserer Website zu lesen sein, aber es gibt natürlich viele weitere – und viel spektakulärere – Möglichkeiten. Welche Ideen entstehen da bei euch? Ein Plakat? Eine Lecture Performance von den Dächern der Theater? Ein dreidimensionaler digitaler Hypertext? Eine Broschüre, die auf allen Klos der Kulturhäuser aufgelegt wird?

  2. Was erhofft ihr von FAIRSPEC im nächsten Jahr?
    Die zweite Frage ist sehr offen, aber nicht weniger wichtig. FAIRSPEC hat sein «Pilotjahr» jetzt definitiv hinter sich. Jetzt geht’s aber erst richtig los. Was sind eure Wünsche und Erwartungen?

Aus euren Antworten entstand ein reiches und vielseitiges Bild, welches wir in einem weiteren Blogartikel veröffentlichen werden.

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Wie weiter?

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Solidarische Kritik am Begriff «fair»